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Glück oder so was Ähnliches

So jedenfalls sieht es Kenny Rogers, glaubt man dem Titel seiner zweiten Autobiografie „Luck Or Something Like It“ aus dem Jahr 2012. Im Rahmen seiner Abschiedstournee rund um den Globus wird er am 5. November 2016 bei der Baloise Session am Rheinknie auftreten.

Text: Thomas Kobler, Bild: Werner Büchi

Dass es sich beim Titel auf dem Deckel um eine faustdicke Untertreibung handelt, machen weiter hinten im Buch die zählbaren Fakten klar: über fünf Dekaden weltweit im Rampenlicht, mehr als 120 Millionen verkaufte Alben, so viele prestigeträchtige Preise und Auszeichnungen, dass sich die Kaminsimse biegen, und fünf Ehen sowie fünf Kinder stehen zu Buche. Zusammengenommen deutet das zweifellos auf ein höchst fruchtbares, arbeits- und erfolgreiches Leben eines Mannes hin, der es ganz nach oben schaffte auf seinem Gebiet. Obwohl es von ihm auch in einem Interview mit der englischen Zeitung „The Guardian“ von 2015 den Satz gibt: „I didn’t set out to be successful and a star, I set out to sing songs. – Ich tat es nicht um des Erfolges willen oder um ein Star zu werden, mir ging es darum, Lieder zu singen.“

Angefangen hatte alles 1950, als er zwölf war. Auf Geheiss der Mutter musste seine Schwester im Teenageralter den kleinen Kenny als ziemlich unwillkommenes Anhängsel zu einer Verabredung mitschleppen. An jenem Abend machte er eine Erfahrung, die wegweisend für sein Leben werden sollte: ein Konzert von Ray Charles. Danach stand für ihn fest, dass er auch Musik machen wollte.

Der Einstieg war die eigene Rockabilly-Schulband The Scholars, später kamen Soloauftritte als Kenneth Rogers und ein kleiner Hit mit der Schnulze That Crazy Feeling (1958) hinzu. Darauf folgte Jazz mit The Bobby Doyle Three als Bassist, und ab 1966 war er Sänger und Bassist der recht populären Folk-Gruppe The Christy Minstrels, die jemanden gesucht hatten, der hohe Töne traf. Seine Tenorstimme brachte ihm den Job ein. Aber bereits ein Jahr später gründeten er und ein paar weitere unzufrieden gewordene Minstrels die Band The First Edition – die später dann zu Kenny Rogers & The First Edition wurde. Stilistisch und auch kommerziell war die Band nicht wählerisch, was nicht zuletzt an ihrem mehr oder weniger heimlichen Kopf und Namensgeber lag. Vom psychedelischen Rock der End-60er-Jahre (Just Dropped In) über 70er-David-Cassidy-Partridge-Family-TV-Pop-Nümmerchen (But You Know I Love You) bis zu Mel Tillis’ Country-(Pop-)Nummer Ruby Don’t Take Your Love To Town spielten er und seine Erstausgaben alles, was hitverdächtig schien. Als der Erfolg abnahm und mit ihm das Einkommen, löste sich 1976 auch die Band auf. Rogers blieb auf seinem eigenen kleinen Label und Schulden in Höhe eines mittleren fünfstelligen Betrags sitzen.

Glücklich im Unglück des Karrieretiefs? „Meine Mutter, die eine einfache Frau war, erteilte uns oft gute Ratschläge“, erzählte er dem „Guardian“ weiter. Für ihn blieb der wichtigste: „Sohn, sei immer glücklich, wo immer Du bist. Sei nie zufrieden mit Erreichtem, aber wenn Du nicht glücklich sein kannst, wo Du gerade stehst, dann wirst Du nie glücklich im Leben.“

Ganz oben auf seiner persönlichen Glücksskala mag er sich 1976 zwischenzeitlich gefühlt zwar nicht befunden haben, aber der später weltberühmte – an Ratschläge gewohnte – „Gambler“ befolgte instinktiv wieder einmal einen davon, der später auch die bemerkenswerteste Liedzeile seiner Erkennungsmelodie wurde: „Du musst (im Leben) wissen, wenn du ein Blatt halten oder verwerfen sollst …“ Davon konnte er dann wirklich überzeugend ein Lied singen.

Er hatte mittelmässige Karten gehabt, als er 1976 den Solovertrag mit United Artists unterschrieb, aber sie waren gut genug, um im Spiel zu bleiben. Man legte sich auf Country (im weitesten Sinne) fest, weil er auf diesem Gebiet schon auf Material zurückgreifen konnte, das bekannt war. Ruby und Reuben James waren bereits Hits gewesen. Darüber hinaus passte er in die grösseren Pläne des Labels.

Die erste Produktion „Love Lifted Me“ schaffte es gleich in die Country-Album-Charts (Platz 28) und hatte mit dem Titellied und While The Feelin’s Good zwei mässige Hits in den Single-Charts 1976, und Runaway Girl schaffte es auf den Film-Soundtrack des Streifens „Trackdown“. Dann folgte das Album, das seinen Namen trug und stilistisch für ihn so richtungsweisend wie eine Kompassnadel war. Es war unmittelbar nach dem ersten produziert worden, kam alsbald heraus und führte 1977 zu einem Bilderbuchdurchbruch. Die Hitsingle Lucille war der Knüller darauf. Mit seiner angenehmen, wenn auch beschränkten, leicht rauen Tenorstimme sang er das Lied genau so, wie man es bringen musste, um es einem weltweiten Publikum schmackhaft zu machen. Vom Inhalt her zwar eine beinharte, melodramatische Country-Geschichte, machten er und Produzent Larry Butler daraus einen Song, der sich wie ein wohltemperiertes Schaumbad bei Kerzenlicht anfühlte. Wer in jener Zeit auf der Welt Lucille nicht kannte, besass kein Radio, war taub oder tot. Nicht zu unterschätzen war auch sein neues Erscheinungsbild. Sein für ihn typischer Bart blieb, aber fortan sah er nicht mehr aus wie ein aus der Zeit gefallener 68er-Lehrertyp, dem das Shampoo schon vor Tagen ausgegangen war. Jetzt strahlte er reife, gestandene, fast schon urwüchsige Männlichkeit mit einem Schuss ewiger Jugendlichkeit aus. Sorgfältig gepflegt und geföhnt bis in die letzten Bartspitzen.

Obwohl seine Herkunft aus bescheidenen Verhältnissen in einem nicht so feinen Viertel Houstons nahelegt, dass er schon früh mit Country-Musik in Berührung kam, war diese Musik für ihn bis dahin nicht wirklich eine Herzensangelegenheit gewesen. Vielmehr sagten ihm sein guter Instinkt und der ausgeprägte Geschäftssinn, dass man daraus etwas machen konnte, wenn man es richtig anging. Der alte Traum Nashvilles, in den weit grösseren und lukrativeren Pop-Markt zu expandieren, trat in den 70ern wieder einmal besonders unbändig und hemmungslos zutage. Waylon Jennings antwortete darauf mit der legendären Frage Are You Sure Hank Done It This Way und machte sich und Willie Nelson damit zu „Outlaws“. Music Row machte derweil Barbara Mandrell, Anne Murray, Dolly Parton, Ronnie Milsap und Kenny Rogers über traditionelle Country-Grenzen hinaus zu schillernden All-American- oder sogar Weltstars in der besonders gewinnträchtigen Sparte „Adult Contemporary“ – kurz „AC“. Das, was Erwachsene weltweit halt so hören.

Eine besondere Künstlerbeziehung entwickelte er während seines Aufstiegs zu Dottie West, die 1991 tödlich verunfallte. Dottie war 1973 mit der Coca-Cola-Werbemelodie Country Sunshine landesweit bekannt geworden. Vorher ein mittelprächtiges, etwas bieder auftretendes Mitglied des Hillbilly-Zirkus, katapultierte sie Coca-Colas Werbemacht erst schlagartig in die US-Haushalte und sie selbst sich später in knallenge, glitzrige Spandex-Leggins und tiefe Dekolletés. Ihre Karriere war Ende der 70er-Jahre zwar etwas ins Stocken geraten, aber zwischen ihr und Kenny Rogers spielte die Musik auf Anhieb. Er sagte einmal über sie: „A lot of people sing words, Dottie West sang emotions. Manche singen Worte, Dottie West sang Gefühle.“ Diese besondere – berufliche – Chemie zwischen den beiden spürte auch das Publikum bei den Auftritten, selbst wenn alle Welt wusste, dass Dottie jüngere Männer bevorzugte. Ihre Zusammenarbeit gipfelte 1978 im überaus erfolgreichen Duettalbum „Every Time Two Fools Collide“ und der gleichnamigen Hitsingle.

Dass sich Kenny Rogers eigentlich nie als Solokünstler gesehen und sich im Bandumfeld immer gut aufgehoben gefühlt hatte, wie er einmal in einem Interview ausführte, mag ein Grund sein, dass er sich im Duettformat sehr wohlfühlte. Vielleicht war es aber auch seine weiche, gleichzeitig männlich-raue Stimme, die im Zusammenspiel mit einer ergänzenden weiblichen aussergewöhnliche musikalische Momente schaffen konnte. Möglicherweise aber auch nur seine Geschäftstüchtigkeit oder die immerwährende Faszination des Publikums für wohlklingendes Balzen. Jedenfalls resultierten aus dem gesanglichen Teamwork der Monsterhit Islands In The Stream (1983) mit Dolly oder das schöne Don’t Fall In Love With A Dreamer (1980) mit der wunderbaren Kim Carnes, ausgekoppelt aus seinem Konzeptalbum „Gideon“ (1980), das Kim Carnes mit Ehemann Dave Ellingson komponiert hatte. Sein bestes/einziges richtiges Country-Album. Aber auch mit der Kanadierin Anne Murray oder der Schottin Sheena Easton schuf er in jener Zeit sehr erfolgreiches Material, wenngleich puren AC-Pop.

Mit dem Ende der glitzerndsten Country-Ära Mitte der 80er-Jahre begannen auch die Sterne der grossen Crossover-Stars langsam, aber sicher zu sinken. Dolly fand zurück zu ihren Country-Wurzeln. Kenny Rogers hatte keine nennenswerten und blieb deshalb, was er im Grunde immer war: ein Interpret und Entertainer von Weltklasse.
Die Einordnung Kenny Rogers’ aus dem Country-Blickwinkel fällt nur in einem Punkt leicht: Er ist einer der grössten kommerziellen Solo- bzw. Duett-Acts des Genres und folgerichtig Mitglied der Country Music Hall of Fame. Ein unbestrittener Superstar der Musikgeschichte, dessen Leben und Karriere Bücher füllen. Country-Medien reihen ihn denn auch – wenngleich wahrscheinlich etwas zähneknirschend – zwischen Cash und Jones ein (Platz 15 auf der zahlenbasierten Billboard-Magazin-Liste der grössten „Country Artists of all Time“) oder zwischen Marty Robbins und Ernest Tubb (Platz 17 auf der subjektiveren „100 Greatest Men in Country Music: The complete list“ von Blogger Kevin J. Coine, countryuniverse.net). Er war in Film- und TV-Produktionen zu sehen. Lionel Richie schrieb und produzierte Lady für ihn. Die Bee Gees standen hinter Islands In The Stream. Michael Jackson und Lionel Richie luden ihn ein, beim unvergesslichen We Are The World mitzusingen, jenem grandiosen Beitrag der grossen US-Musikstars im Rahmen von „USA For Africa“, der sich ab 1985 weltweit über 20 Millionen Mal verkaufte. Ein unangenehmer Mensch kann er auch nicht sein, sonst wären die grossartigen, teils funkensprühenden Duette mit vielen Partnerinnen wohl kaum möglich gewesen. Dass er dann einen nicht besonders glücklichen plastischen Chirurgen auswählte – Künstlerpech oder so was Ähnliches. Sein grosses Vermögen weist ihn als überaus erfolgreichen Geschäftsmann, auch aus-serhalb des Musikgeschäfts, aus, und sein Abtreten von der Bühne, auf dass er „seine verbleibende Zeit auf Erden“ der Familie, insbesondere den Zwillingen im Teenageralter, Jordan und Justin, widmen kann, spricht gewiss auch nicht gegen ihn. Zeitpunkt hin oder her.

In Basel ergibt sich – zumindest für jene Glücklichen, die eines der nur rund 1500 Tickets ergattern konnten – die letzte Gelegenheit, mit Kenny Rogers und seinen unvergesslichen Hits einen Abend zu verbringen, in Erinnerungen zu schwelgen und ihn mit dem ihm gebührenden Applaus endgültig in den verdienten Vaterschaftsurlaub zu verabschieden. Dass man am gleichen Abend auch noch die Bekanntschaft der hochinteressanten und talentierten Brandi Carlile machen kann, machte das Angebot nur noch einladender.

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